Bedeutung einer gelungenen Wiedereingliederung
Biografische oder institutionelle Übergänge sind für alle Menschen herausfordernd. Sie stellen gerade für kranke Kinder und Jugendliche große Belastungen dar, die ohne pädagogische und beratende Unterstützung kaum zu bewältigen sind. Erschwerend wirken sich die krankheits- und behandlungsbedingt oft noch geringe psychische Belastbarkeit, die generell erhöhte Vulnerabilität und mögliche Lernrückstände im schulischen Leistungsbereich aus.
Lehrkräfte der allgemeinen Schulen empfinden besonders im Umgang mit psychisch erkrankten Schülerinnen und Schülern häufig Hilflosigkeit, Angst und Gefühle der Ohnmacht (vgl. Studien von Harter-Meyer R., 2001). Oft unterliegen sie der Fehlannahme, vollkommen „geheilte“ Schülerinnen und Schüler zu reintegrieren. Eine Psychotherapie bei Kindern und Jugendlichen benötigt jedoch viel Zeit und die Mitarbeit des gesamten Systems, um sukzessive Veränderungen bewirken zu können.
Auf Seite der Gesellschaft erschweren die allgemeine Tabuisierung und Stigmatisierung von Krankheit und Leid die schulische und soziale Integration dieser Schülerinnen und Schüler. Dadurch können sich vorhandene Krankheitssymptome
verstärken und komorbide Erkrankungen wie Ängste oder Depressionen entwickeln.
Schwere Krankheiten werden als Verlusterfahrung bzw. Schock wahrgenommen, einem Abschied von der scheinbaren Normalität des Gesundseins (vgl. Hildenbrand C., 2009). Sie lösen bei den betroffenen Schülerinnen und Schülern Ängste und Schamgefühle aus. Gerade für Jugendliche ist es sehr unangenehm, eine Sonderrolle als Kranke einzunehmen, sie möchten grundsätzlich behandelt werden wie alle anderen auch und wollen keine Schwächen zeigen. Neben der Befürchtung, aufgrund langer Fehlzeiten den schulischen Anschluss zu verpassen und ggf. ein Schuljahr wiederholen zu müssen, haben die Mädchen und Jungen häufig Angst vor negativen Reaktionen der Klasse.
Gelingt der Integrationsprozess nicht, können ungewollte Klassen- oder Schulwechsel, eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes und sogar eine erneute Klinikaufnahme die Folgen sein. Durch eine gelingende Wiedereingliederung kann die Spirale von Ausgrenzung, Klassenwiederholung und Verlassen der Schule ohne bzw. ohne adäquaten Schulabschluss vermieden werden (vgl. Meister M., 2008).
Die Schulen für Kranke unterstützen die Reintegrationsarbeit. Sie haben als Durchgangsschule im Schulsystem eine Brückenfunktion inne. Dieser Aufgabenbereich wird wegen der zunehmend kürzeren Verweildauer in der Klinik und der damit verbundenen höheren Fluktuation immer wichtiger. Aber nur gemeinsam mit den Stammschulen kann der Übergang erfolgreich gelingen.